KS Vllaznia Shkoder - KS Elbasani 2:0 (Pokalhalbfinal-Hinspiel, 12.04.06)

Das Stadion Loro Borici Ein Mittwoch in Albanien. Die Nachmittagsonne scheint, nach langen Regenschauern sind gut 2000 Menschen zum Pokalhalbfinale ins Stadion von Shkoder gekommen. In der Luft liegt ein wahres Stimmenwirrwarr. Die Gesänge der Fans mischen sich mit den Rufen des Muezzins aus der nahen Moschee, beide werden von langen "Luleeeee"-Rufen des fliegenden Händlers übertönt, der seine Kürbiskerne an den Mann bringen will. Fußball in Shkoder ist eine gemütliche Sache.

Das Herz schlägt oben

Ein Blick in die Geschichtsbücher beweist, dass hier im Norden des Landes und nicht etwa in der Hauptstadt Tirana das Herz des albanischen Fußballs schlägt. Schon 1905 fanden am Ufer des Shkoder-Sees die ersten Spiele statt, 1919 wurde hier zudem der Verein KS Bashkiki gegründet. Der Klub besteht noch heute - als KS Vllaznia, der damit der älsteste Verein des Landes ist. Neun Meistertitel gewannen die Blau-Rot-Weißen seither, eine enorme Zahl, bedenkt man die Förderung der Hauptstadtklubs zu Zeiten des Diktators Enver Hoxha.

Grenzgebiet zu Albanien Die Ära Hoxha und damit die Jahre der selbstgewählten Isolation sind inzwischen vorbei, seit 1989 öffnet sich Albanien langsam aber sicher dem Westen. Ein kleines Abenteuer ist eine Fahrt in das Land der Skipetaren aber noch immer. Eine Zugverbindung aus dem Ausland besteht nicht, mit dem Mietwagen ist die Einreise verboten. Somit bleibt auch uns nur die Möglichkeit, bis zur Grenze zu fahren, dort das Auto stehen zu lassen, die ausgiebige Einreiseprozedur über uns ergehen zu lassen und schließlich mit dem Taxi weiter zu reisen.

Internetcafes und Berge aus Schuhen

Die 20 Kilometer lange Fahrt führt vorbei am Fluss Drin durch eine schöne Landschaft, die übersät ist mit kleinen, halbrunden Bunkern. Erst im Einzugsgebiet Shkoders wird deutlich, dass Albanien noch immer das ärmste Land Europas ist. In einfachsten Behausungen leben unzählige Familien direkt am Straßenrand und erinnern eher an Bilder aus Südamerika als an eine Szene aus der europäischen Gegenwart. Das Stadtzentrum kommt dagegen erstaunlich modern und weltoffen daher. Zwischen Minaretten und chirstlichen Kirchen sprießen Internetcafes; der modebewusste Käufer kann zwischen Bergen aus Schuhen am Straßenrand und der Markenware der klimatisierten Boutiquen wählen.

Abend in Albanien Fünf Gehminuten vom Zentrum entfernt findet sich das nach einem ehemaligen Spieler benannte Stadion Loro Borici, mit 14.050 Plätzen das größte der albanischen Eliteliga "Kategoria Superiore". Nach einem gründlichen Umbau im Jahr 2001 - der einen kurzeitigen Umzug des Klubs nach Lezhe und Elbasan nötig machte - erfüllt das weite Rund europäische Normen. Von außen noch immer eine Bruchbude, prägen innen blaue und (längst verblichene) rote Sitzschalen das Bild des weiten Rundes, das genau genommen nur ein Hufeisen ist. Auf der Gegengeraden findet sich der Schriftzug "Vllaznia", auf der kleinen Haupttribüne ragt ein Balkon für den Vorstand hervor - die einzigen überdachten Plätze im Loro Borici.

Drei Jahre alte Eintrittskarte

Für 300 Leke (2,50 Euro) erhalten wir eine Eintrittskarte, die zwar die richtige Paarung, aber als Datum den 20. September 2003 zeigt. Recycling auf Albanisch. Dafür gibt es ein zunächst munteres Spiel zu sehen, in dem die Gastgeber von Beginn an den Ton angeben. Anders als der Tabellenführer aus Elbasan ist Shkoder in dieser Saison auf den Pokal angewiesen, um in das lukrative europäische Geschäft einzuziehen. Das wirkt sich auf das Spiel und schließlich auch auf das Ergebnis aus: Zwei Treffer kurz nach der Pause sowie unmittelbar vor dem Schlusspfiff sorgen für eine optimale Ausgangsposition für das Rückspiel, das in 14 Tagen über die Bühne geht.

Mit dem Schlusspfiff verlassen die Zuschauer zufrieden das Spiel. Ein Anhänger sorgt dabei für ein Lächeln auf dem Gesicht der deutschen Besucher: Auf der Brust seiner Trainingsjacke prangt groß und breit die VfL-Raute. Borussia ist eben überall. Selbst in Albanien.

Für uns ging es am Abend wieder zurück über die Grenze in Richtung Montenegro.

Stadioncafe in der Haupttribüne Borussia ist überall Die Haupttribüne