Artmedia Bratislava - FC Porto 0:0 (Champions League, 6.12.05)

Regen in Bratislava Mitten im Herzen Europas und doch irgendwie etwas abseits liegt die erst seit 1993 unabhängige Slowakei. Oft "irgendwo im Osten" vermutet oder gar mit Slowenien verwechselt, hat sich an der Donau ein weltoffener Staat entwickelt, der allemal eine Reise wert ist. Dies gilt nicht zuletzt für die Hauptstadt Bratislava, die zwar in ihren Vororten die üblichen Plattenbauten bietet, im Zentrum jedoch mit einer gründlich renovierten historischen Altstadt Einheimische und Touristen anlockt.

Geschichte geschrieben hat die Slowakei auch im Fußball. So bildeten Spieler aus Bratislava und Kosice das Gerüst der tschechoslowakischen Nationalmannschaft, die 1976 das EM-Finale gegen Deutschland gewann. Auch der einzige europäische Titel im Vereinsfußball ging nicht etwa nach Prag: 1969 war es Slovan Bratislava, das überraschend den Europapokal der Pokalsieger gewann. Seit der friedlichen Teilung der Tschechoslowakei vor nun fast dreizehn Jahren wartet das Land jedoch vergeblich auf einen ähnlichen Erfolg.

Umso überraschender erscheint da der jüngste Aufstieg von Artmedia Bratislava. Der älteste Klub des Landes, 1880 zu Zeiten ungarischer Herrschaft als PTE Bratislava gegründet und seit 1892 mit einer Fußballabteilung, spielt in der eigenen Stadt hinter Slovan und Inter eigentlich nur die dritte Geige. Doch seit wenigen Jahren ist alles anders: Während Slovan momentan nur in der 2. Liga spielt, nahm Artmedia das Zepter in die Hand und gewann 2004 den Pokal und 2005 erstmals die Meisterschaft. Jüngster und größter Coup des Vereins ist die Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League, als der Reihe nach Kairat Almaty aus Kasachstan, Celtic Glasgow (mit einem 5:0-Erfolg im Heimspiel) und schließlich Partizan Belgrad ausgeschaltet wurden.

Porto-Fans in BratislavaVor dem sechsten und letzten Spieltag belegt Artmedia mit fünf Punkten immerhin Rang drei und hat sogar noch Chancen auf das Achtelfinale. Gleiches gilt auch für den heutigen Gegner FC Porto, beide müssen jedoch auf einen Ausrutscher der Glasgow Rangers gegen Inter Mailand hoffen und notfalls zumindest den dritten Platz sichern. Bei sintflutartigen Regenfällen - Schiedsrichter Markus Merk entschied erst am Nachmittag, überhaupt anzupfeifen - entwickelt sich ein wenig ansehnliches Spiel, in dem Chancen Glückssache sind und der FC Porto sein spielerisches Können nicht unter Beweis stellen kann. Die 9500 nassen und frierenden Zuschauer, darunter etwa 150 Portugiesen, feuern ihre Teams trotzdem lautstark an, zumal die Rangers sich gegen Inter schwer tun und nicht gewinnen. Das Tor zum Achtelfinale ist für Artmedia mehrmal weit offen, der Ball will jedoch einfach nicht über die Linie, so dass es nach 90 Minuten beim 0:0 bleibt. Die Hausherren spielen somit im UEFA-Cup weiter, während der CL-Sieger von 2004 ganz draußen ist.

Eigentliche Heimstätte von Artmedia Bratislava ist das Stadion Petrzalka im gleichnamigen, südlich der Donau gelegenen Stadtteil. Da dort jedoch die nötigen Voraussetzungen für ein Spiel der Champions League fehlen, weicht der Klub heute einmal mehr ins Tehelne pole aus, Stadion des Lokalrivalen Slovan sowie der Nationalelf. Dieses verfügt über 30.087 Sitzplätze, die sich auf zwei Ränge verteilen und ganz in Blau gehalten sind. Auf den beiden Längsseiten finden sich zwei Tribünen, die heute immerhin Schutz vor dem Regen bieten. Anders ergeht es den jeweils hinter den Toren positionierten aktiven Fans, die wohl eine nette Erkältung als Andenken an das Spiel behalten werden.