Eröffnungsturnier Stadion im Borussia-Park (30.7.04)

Der Umzug Heute war es also soweit. Nach Jahren inhaltsloser Versprechungen um "rollende Bagger", nach Plänen rund um einen Ausbau des Bökelbergs, schließlich der Entscheidung für den Nordpark und unzähligen Ratssitzungen der Stadt stand das erste Fußballspiel in der neuen Borussia-Heimat an. Nicht jedoch ohne würdigen Abschied vom Bökelberg: Schon Mittags hatte sich eine stattliche Anzahl vom mehreren Tausend VfL-Fans in Eicken eingefunden, um symbolisch vom altehrwürdigen "Bersch" zum neuen Stadion zu marschieren. Ein Hauch von Karneval lag in der Luft, unter den sich jedoch bei nicht wenigen eine Träne des Abschiedsschmerz mogelte.

Zum Eröffnungsturnier könnte ich nun von den drei wenig erfolgreichen Spielen berichten, von endlosen Schlangen auf dem Parkplatz sowie vor Bierständen oder von nörgelnden Menschen, die meinen, bei der Premiere müsste alles reibungslos verlaufen. Stattdessen zitiere ich lieber aus unserem Fanzine Bis ans Ende dieser Welt Nummer 8, das sich nach meheren Monaten im neuen Stadion mit Vor- und Nachteilen der Arena befasste:

 

 

Neues Stadion - Fluch oder Segen?

Was lange währt, wird endlich gut. Wirklich? Nach jahrelangen Debatten über Stadionum- bzw. Neubau trägt Borussia Mönchengladbach seit der Saison 2004/2005 seine Heimspiele im neuen Borussiapark aus. Aber haben wir Fans damit einhergehend auch eine neue Heimat gefunden?

Viel ist nicht geblieben vom familiären Flair des Bökelbergs: Statt 34.500 verteilen sich jetzt bis zu 53.466 Leute im Stadion, nur: Wo kommen die her? Wären diese Leute auch gekommen, wenn man den Bökelberg auf, sagen wir mal, 40.000 Plätze erweitert hätte? Mitnichten. Mit dem neuen Stadion ist auch ein neuer Typus Fan entstanden. Der Fan, der sich vorbehaltlos freut, dass Leute wie Advocaat, Ziege und Elber zum Inventar von Borussia gehören. Der Fan, der bereit ist, bis zu 200 Euro für eine Dauerkarte für den Parkplatz (!) zu zahlen. Der Fan, der weitaus mehr Geld im Borussiapark an Essen und Getränken lässt, als er es am Bökelberg tat - wenn er denn damals schon dort zugegen war. Und das sage ich nicht, weil ich einer von den typischen "Nein zum modernen Fußball"-Fans bin. Nein, ich sage das, weil meine Freunde und ich auch mehr konsumieren. Gelegenheit gibt´s dazu ja jede paar Meter, nix mehr mit Schlange stehen am einzigen Bierpavillon hinter Block 16, sondern schnelle Abfertigung an den einzelnen Kiosken. Das steigert zwar den Komfort, ist aber in Sachen Gemütlichkeit eher hinderlich.

Überhaupt ist die gesamte Atmosphäre unpersönlicher geworden, was nicht nur an gestiegenen Zuschauerzahlen liegt. Auch das Zusammensein vor dem Spiel - für viele früher Pflichtprogramm- ist nun schwieriger geworden. Sicher, die Versuche einiger Kneipenbesitzer, in Eicken die Stammgäste mit dem Einsatz von Shuttlebussen zu halten, sind durchaus lobenswert, dennoch hat sich alles ein wenig zerlaufen. Alternativen in Stadionnähe gibt es wenige, liegt der Fußballtempel doch mitten im Niemandsland von Mönchengladbach.

Auf in eine neue ÄraQuantensprünge versprach man sich zumindest in Sachen Stimmung: Durch das Dach sollten die Gesänge, die am Bökelberg noch so manches Mal vom Winde verweht wurden, in voller Lautstärke auf dem Feld bzw. dem Gästeblock ankommen. Doch die Zusammensetzung der neuen Nordkurve scheint die Qualität arg zu verwässern, stehen viele Leute, die früher auf der Gegengeraden zu finden waren, doch jetzt in der Kurve, weil dort die billigsten Plätze angeboten werden. Ist ja auch ob der Größe der NK eigentlich kein Problem, nur von Block 16 -immer noch als Stimmungsblock gedacht- mögen sich diese Leute doch bitte fernhalten.

Apropos Stimmung: konnte man früher die Aktivitäten des Gegners ob der gegenüberliegenden Fanblöcke sehr gut beobachten, müssen die Gästefans heuer mit einem typischen Eckblock a la Hamburg oder Bochum vorlieb nehmen. Und den beliebten Marsch durch die Fußgängerzone von Eicken gibt es auch nicht mehr, stattdessen werden die Gäste mit Shuttlebussen vom Bahnhof Rheydt zum Stadion kutschiert.

Alles schlecht also? Nein, auf keinen Fall. Jedem Borussen muss klar sein, dass nur mit einem neuen Stadion und sich damit auftuenden Geldquellen ein Überleben des Vereins langfristig gesichert werden kann. Der Bökelberg war -so sehr er uns Fans gefallen hat- einfach nicht mehr konkurrenzfähig unter den neuen Stadien, die v.a. im Zuge der WM-Vergabe nach Deutschland gebaut wurden. Im Vergleich zu Schalke z.B. können wir froh sein, überhaupt ein Fußballstadion bekommen zu haben und keine Turnhalle. Wir haben viele Tausend Stehplätze, was angesichts der Stadien in Leverkusen oder der neuen Münchener Arena auch keine Selbstverständlichkeit ist.

Vielleicht muss sich vieles erst noch einspielen, müssen die Fans ihre Stammplätze erst noch finden. Denn merke: Jedes Stadion ist nur so stimmungsvoll wie die Fanszene, die dort beheimatet ist. Und daran gilt es zu arbeiten, sei es in der Nordkurve, auf der Geraden oder gar der Tribüne. Und wenn wir alle an einem Strang ziehen, dann kann der Borussiapark zu einer zweiten Heimat werden. Ersetzen jedoch wird er den Bökelberg nie. (AF)