AIK Stockholm - Djurgardens IF 1:1 (Allsvenskan, 22.5.2013)

Friends Arena in Stockholm

"Ein Grund mehr, nochmal nach Stockholm zu reisen", schrieb ich vor genau einem Jahr mit Blick auf das fast fertige Nationalstadion Schwedens. Gesagt, getan.

Schwedens neues Nationalstadion
Das Ziel: Das erste Derby in eben jener Friends Arena. Oder, um diesen lesenswerten Artikel zu zitieren: "Det första moderna derbyt". Ja, leider macht der moderne Fußball eben auch vor Schweden nicht halt. Und nach Stadtduellen im guten, alten Rasunda in den Jahren 2002, 2005, 2006, nochmal 2006 und 2012 galt es nun, ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Der Weg ist immerhin der alte: Mit der Bahn bis Solna und dann immer der Meute hinterher. Die allerdings lässt das längst geplünderte Rasunda seit dieser Saison links liegen und eilt ein paar hundert Meter weiter, wo ein moderner Klotz steht, der von außen nicht viel mit einem Fußballstadion zu tun hat. Um ein letztes Mal den oben erwähnten Artikel zu zitieren: "Die Arena wurde gebaut für ein wenig Bandy, ein wenig Fußball, und ein wenig Justin Bieber." Schön gesagt.

Allmänna Idrottsklubben, Världens Vackraste
Ein wenig Fußball, ein wenig Justin Bieber

Also dann, hinein in die gute Stube. Erster Eindruck: Viel zu groß. 51.060 Zuschauer passen hier hinein - ob AIK sich hier wirklich wohl fühlt, wenn wie zuletzt gegen Halmstad nur 16.000 kommen? Weiterer Minuspunkt: Das verschließbare Dach, das wie eine Kopie aus der SchalkeArena wirkt, ähnlich hässlich ist und auch geöffnet kaum einen Blick gen Himmel erlaubt. Nervig. Immerhin gibt es für die Heimfans Stehplätze, und auch leer wirkt die Atmosphäre durchaus kompakt und intensiv. Und doch wirkt alles etwas, nun ja, zu perfekt. "Stadien leben von ihren Makeln", sagte unlängst Reinaldo Coddou, viel besser kann man das Unbehagen nicht ausdrücken.

Umso gespannter waren wir, ob die - meistens sehr, sehr gute - Derby-Atmosphäre aus dem Rasunda in die Arena transportiert werden kann. Um die Antwort vorweg zu nehmen: Ja, sie kann, wenn auch mit (kleinen) Abstrichen. So hatte ich etwa doch mehr als die 35.311 Zuschauer erwartet, besonders im Gästebereich war leider noch viel mehr Platz als gedacht.

Ikväll vill vi se er kriga för era liv
"Kämpft um Euer Leben"

Letzteres lag wohl auch am Saisonverlauf, reiste DIF doch als Schlusslicht zum Derby an. Entsprechend lautete das Motto zum Intro auch "Heute wollen wir sehen, dass Ihr um Euer Leben kämpft" (”Ikväll vill vi se er kriga för era liv”) und dazu massig kleine Fähnchen in blau-gelb-rot - was richtig, richtig gut aussah. Gegenüber lautete die Losung des Tages "AIK, das Schönste der Welt" ("Allmänna Idrottsklubben, Världens Vackraste"), was in einer recht großen Choreo mit schwarz-gelbe Pappen und dem übergroßen AIK-Logo als Überziehfahne umgesetzt wurde. Ebenfalls sehenswert.

Die erste Halbzeit war okay, AIK führte schon nach fünf Minuten und hatte fortan die Stimmungshoheit, insbesondere die Hüpfeinlagen (siehe Video) konnten sich sehen lassen. Bemerkenswert auch die 27. Minute, als in Erinnerung an den drei Wochen zuvor verstorbenen AIK-Torhüter Ivan Turina sich die Zuschauer von ihren Sitzen erhoben, den Namen des Kroaten riefen und ein einsames Bengalo in der Kurve brannte - Turina hatte die Nummer 27, eine ähnliche Aktion also wie bei Espanyol Barcelona oder Aston Villa.

Pyro bei den Fans von AIK Solna
Brennende Feuer und viel Rauch

Mit dem Halbzeitpfiff ging dann eine kleine Blockfahne hoch, die während der gesamten Pause oben blieb - ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Als kurz vor Wiederanpfiff das Spruchband "Dein Feuer verlischt nie" ("Din Laga slocknar aldrig") gezeigt wurde, war klar, was kommt: Von Eckfahne zu Eckfahne wurde eine hübsche Reihe Pyro gezündet, dazu massig schwarzer Rauch, woraufhin die Mannschaften gleich wieder kehrt machen durften und für zehn Minuten in den Kabinen verschwanden.

Als die Sicht wieder frei war, schoss Djurgarden den Ausgleich, und das Derby wurde richtig, richtig gut. Etwa 20 Minuten lang liefen beide Kurven zu Höchstform auf, erst in der Schlussphase ebbte die Stimmung wieder etwas ab, ein spätes Siegtor war leider keiner Seite vergönnt - es wäre auch zu schön gewesen. Insgesamt bleibt als Fazit, dass das Stockholmer Derby auch im neuen Stadion die Reise absolut wert ist.

Die nächste Arena wartet schon

Das galt freilich wie immer auch für Stockholm, wo wir noch einen herrlichen Tag verbrachten und auch von den nächtlichen Ausschreitungen nichts mitbekamen. Eher schon von der Tatsache, dass schon im Juli das nächste neue Stadion eröffnet wird und sowohl Djurgarden als auch Zweitligist Hammarby ihre alte Heimat ähnlich wie zuvor AIK bald verlassen.

Immerhin: Ein Grund mehr, nochmal nach Stockholm zu reisen.

Erinnerung an Solna und Ivan Turina  Schlechte Sicht in der Friends Arena  Pyro beim Stockholmer Derby

Schönste Stadt der Welt