East End Derby, Bloody Sunday und das Old Firm (27.9.-5.10.03, England/Irland/Nordirland/Schottland)

Der Upton Park Zehn Tage frei - was nun? Sommer, Sonne, Suff in Spanien? Die CD-Sammlung katalogisieren und in chronologischer Reihenfolge in den Schrank stellen? Nichts da! Dann doch lieber eine Reise in das Geburtsland des Groundhoppings plus Umgebung.

Mit Trekkingrucksack und Billigflugticket bewaffnet verschlug es uns Samstags morgens zunächst nach London. Nach kuzem Check-In in der Jugendherberge (Geiz ist geil!) trennten sich unsere Wege: Erik zog es zur Partie Chelsea gegen Aston Villa (1:0), während ich mich mit einem ehemaligen Arbeitskollegen in Watford traf, wo Ipswich, begleitet von 2500 Fans, alle drei Punkte mit nach Hause nehmen konnte. Nach diesem eher unspektakulären Start stand am Sonntag schon ein Highlight an, trafen doch West Ham und Millwall im East End Derby aufeinander. Da diese Begegnung aus Sicherheitsgründen schon um 12 Uhr mittags angepfiffen wurde, hieß es früh aufstehen. Dummerweise hatte ich die Zeitumstellung nicht einkalkuliert, so dass mein Wecker uns schon um 6.30 Uhr aus dem Schlaf holte - unsere Mitbewohner waren darüber sichtlich erfreut... Sorry folks!

Der wunderschöne Upton Park war gut gefüllt, und spätestens als "Forever blowing bubbles" aus den Lautsprechern ertönte, tobte das ganze Stadion, die 1:0 Führung der Hammers tat dann ein Übriges. Letztlich kam Millwall im Spitzenspiel der First Division noch zum verdienten Ausgleich, der einen genialen Torpogo nach sich zog.Stimmung bei den BohemiansAuch das obligatorische "No one likes us" kam danach ziemlich gänsehautmäßig rüber. Im Eiltempo zur Station, wo der Zug nach Bangor (nein, dies ist nicht der Name einer skandinavischen Death-Metal-Band sondern eine Stadt in Wales) schon bereit stand. Montags um 6 Uhr (dieses Mal beabsichtigt) aufstehen, die Fähre von Holyhead nach Dublin wartet schließlich nicht. Hier stand abends das Lokalderby des Tabellenzweiten Bohemians gegen Spitzenreiter Shelbourne vor für irischen Verhältnissen sehr guten 7000 Zuschauern an. Länderpunkt allez! Die Gäste hatten sogar vier große Schwenkfahnen sowie zwei Ultras-Transparente dabei und sahen eine 0:1-Niederlage ihrer Schützlinge durch einen 25m-Sonntagsschuss in den Winkel. Tipp: Unbedingt vorher ein Bier in der urgemütlichen Stadionkneipe trinken!

Nächster Halt: Nordirland! Hier wurde, dem britischen Pokalwahn (CIS Insurance Cup) sei Dank, dienstags gespielt. Glentoran Belfast fegte das Team von Insitute mit 6:1 vom Platz, wobei Nationalstürmer Andy Smith mit einem Hattrick herausragte. Glentoran war in den 70ern auch schon Gegner Borussias im Europapokal, was Colin, den Webmaster der offiziellen Homepage des Gastgebers veranlasste, uns durchs Stadion und sogar vor Spielbeginn auf den Rasen zu führen. Erste Frage von uns nach zwei Minuten: "When did you build the stadium?" Antwort: "It was rebuilt just after the Germans bombed it in World War II".Yep, sehr guter Einstieg ins Gespräch :-) Auch dem Präsidenten wurden wir vorgestellt, überhaupt war jeder, wenn er den Namen Borussia hörte, megafreundlich und erzählte erst mal von früher. Erzählen mussten auch wir, das Ergebnis davon könnt ihr entweder unter www.glentoran.net/021003a.htm?story=304370 nachlesen (Anm.d.Red.: Inzwischen leider nicht mehr)- oder ihr schaut in das Programm vom Spiel gegen Lisburn, auch da sind die "two German crazy guys" erwähnt.

Licht bei Glentoran BelfastVon Colin, der auch an der Website von Glentoran mitarbeitet, wurden wir dann für den für uns spielfreien Mittwoch zum CL gucken eingeladen und 1A versorgt, thanks Colin! Donnerstag führte uns der Weg ins geschichtsträchtige Londonderry, wobei auf allen Straßenschildern das Wort "London" übermalt ist. Ich zitiere an dieser Stelle das Fanzine von UC Dublin, das auf den genialen Namen "Student till I graduate" hört: "What not to do in Derry - Stop and ask the locals for directions. Stop and ask the locals to your wallet back. In fact, just don´t stop and talk to the locals anything!" Ganz so schlimm war es dann aber doch nicht, viel schlimmer wog die Tatsache, dass auf meine Bestellung von zwei Bier die Verkäuferin im Stadion den Satz "Tea, coffee, soup only" erwiderte. Grmpf. Dafür hatte der Ground was zu bieten, was wohl nicht viele Stadien bieten: eine Windhundrennbahn! Darf man eigentlich auch ein Kreuzchen im Imformer machen, wenn man ein Rennen der Vierbeiner verfolgt? Derry - obwohl geographisch in Nordirland gelegen in der irischen Liga spielend - traf auf Drogheda United, was das einzig torlose Spiel unserer Reise bleiben sollte. Unbeeindruckt davon sangen die Fans von Derry fast die kompletten 90 Minuten durch.

Zurück in der irischen Hauptstadt war tags darauf bei der Partie UC Dublin gegen Shelbourne schon wieder Derbytime. Absoluter Höhepunkt: Viel Essen für wenig Geld (Es lebe billig!) in der Uni-Mensa (UC steht für University College). Bei den Fragen der Küchenhilfe einfach immer nett lächeln, wenn man nicht direkt versteht worauf sie hinaus will, gell Erik? Spiel war ehrlich gesagt grottig, und falls jemand weiß, wo sich im Stadion die Toiletten befinden, so möge er/sie der Red. mit einer seit dem sehr strapazierfähigen Blase doch bitte unter baedw@gmx.de mitteilen. Samstag dann Flug von Dublin nach Glasgow (schon wieder so früh aufstehen...also Urlaub war das nicht), wo das Highlight wartete: Rangers gegen Celtic, das berühmte Old Firm! Anpfiff war schon um 12.30 Uhr, einziges Problem: Ich hatte im Gegensatz zu Erik noch kein Ticktet, und ein Schwarzmarkt existierte einfach nicht. Einziger Tipp der Rangers Fans: "You need to be lucky!" Super Tipp, danke. Letzte Chance: zurück zur U-Bahn-Station, wo ich dann um 12.23 Uhr jemand traf, dessen Bruder eine Dauerkarte hat, aber an dem Tag verhindert war (an DEM Tag??). Zweitnutzung in (London-)Derry 12.28 Uhr war ich dann für 20 Pfund im Stadion, Glück muss man haben. Als ich dann den Namen Mönchengladbach erwähnte, funkelten meinem Sitznachbarn die Augen, und er erzählte von den Spielen gegen die Rangers in den 70ern. Auf dieser Welt kennt einfach jeder den Namen Borussia, das Wort Mythos ist echt angebracht. Fragt sich nur, wie lange noch...

Zurück zum Spiel: Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr euch wochenlang auf etwas freut, allen davon erzählt, wie toll es doch ist, und dann ist es nur "ziemlich gut" gewesen? War leider auch hier so. Warum sitzen tausende von Celtic Fans brav auf ihren Sitzen beim Spiel des Jahres? Warum singen die Rangers Fans nicht mal ein ganzes Lied durch? Leider war auch das Spiel nicht gerade gespickt von Höhepunkten, sieht man mal von zwei Glanzparaden von Stefan Klos ab. Abpfiff 14.15 Uhr, 14.17 Uhr in die U-Bahn, 14.58 Uhr eine Karte für Partick Thistle gegen die Hibs gekauft... Hurra, wir sind bekloppt. Nach diesem schönen Doppler in Glasgow gab es dann bei Erik Probleme beim Pizza bestellen ("with Änänäs please"). Pineapple allez! Weiter im Programm: Mit dem Zug ins schöne York, wo wir unsere vorletzte Nacht verbrachten. Sonntags dann in Birmingham noch Aston Villa gegen Bolton mitgenommen. Die wenigen Gästefans wurden erst mal auf den Arm genommen ("You must have come in a taxi" zur Melodie von Guantanamera), konnten aber eine frühe Führung bejubeln, die Villa noch ausgleichen konnte. Von London ging es dann montags morgens per Flieger ins "heimische" Köln, und Erik durfte wenige Stunden danach zur Spätschicht beim SID auftauchen, während ich kurz davor war, noch zu Aachen gegen Haching zu fahren. Ok, kleiner Scherz... (AF)