Atletico Romana Unidos - La Tribu FC 2:0 (21.9.2019, Torneo La Romana)

Estadio de Futbol del Polideportivo Julio A. Nolasco

Ein komplett abgesagter Spieltag, unser Fahrer im Knast - und am Ende sogar aus dem Hotel geworfen: Ausgerechnet die als ganz entspannt erwartete All-Inclusive-Woche (ja, lacht nur) in der Dominikanischen Republik wurde zur mit Abstand chaotischten meiner bisherigen Fußball-Touren. Aber Langeweile kann ja jeder :-)

Strand
Problem I: Ein Spiel muss her

Los ging der Wahnsinn schon einen Tag vor Abflug. Eigentlich stand der zehnte Spieltag der Liga Dominicana seit Wochen hübsch terminiert fest, doch plötzlich tauchten beim Routine-Check unserer Partien völlig neue Daten auf. Große Aufregung und viele Fragen also. Die Antwort: Weil die U23 des Landes am Wochenende in der Olympia-Qualifikation auf St. Kitts and Nevis antritt, wurde der komplette Spieltag mal eben abgesagt. Na, vielen Dank.

Weil zu allem Überfluss die zweite Liga noch nicht begonnen hatte, brach nach der ersten Enttäuschung die hektische Suche nach einem vernünftigen Ersatz-Spiel aus, um zumindest den Länderpunkt zu sichern. Heißt: Alle Vereine, die auch nur halbwegs online präsent sind, wurden von zwei seltsamen Deutschen über alle denkbaren Kanäle befragt, ob irgendwo im gesamten Land am Wochenende der Ball rollt. Sämtliche Antworten fielen negativ aus, bis wenige Stunden vor Abflug Zweitligist Atletico Romana Unidos uns auf das mehrwöchige Turnier "Torneo La Romana" hinwies, bei dem das letzte Gruppenspiel anstand. Weil in La Romana zudem ein halbwegs brauchbares Stadion steht, war die Erleichterung groß. Also ab in den Flieger.

Estadio de Futbol del Polideportivo Nolasco in La Romana
Problem II: Die Taxi-Mafia

Nächste Schwierigkeit: Das kleine La Romana lag von unserem Hotel zwar deutlich näher als die Hauptstadt Santo Domingo, wo wir eigentlich zum Fußball wollten, ist dafür aber wesentlich schwerer zu erreichen. Mit dem Bus benötigt es drei Umstiege pro Strecke, das Ganze zudem zurück zu später Stunde - hmm, muss nicht sein. Die Taxis verlangten allerdings für die 100 Kilometer lange Strecke inklusive Wartezeit vor Ort 130 Dollar pro Person. Auch eher schlecht. Aber wir sind ja schlau - dachten wir - und organisierten uns mit Hilfe eines Einheimischen einen Privatfahrer, der die ganze Tour für 50 Dollar machte. Also los.

Einziges Problem: Der Fahrer musste uns außerhalb des Hotel-Geländes treffen, was einen 30-Meter-Fußweg zum Auto bedeutete. Genau diese 30 Meter reichten, um die Taxi-Mafia auf die zwei Weißen und das lukrative Geschäft aufmerksam zu machen, das ihnen hier offensichtlich entging. Hier die Kurzfassung: Erst wurde unser Fahrer von vorne zugeparkt, 30 Sekunden später von einem zweiten Taxi von hinten, und drei Minuten später war das Auto, in dem wir saßen, von zehn Taxis mit wütenden Fahrern umzingelt. Die Aussage war klar: Wir haben hier das Sagen!

Große Aufregung also, sogar die Touristen-Polizei kam, regelte den Verkehr und gab der Taxi-Mafia recht. Nach vielen Diskussionen stimmte daher irgendwann "unser" Fahrer zu, dass wir in ein "normales" Taxi umsteigen - dort ging die Tour übrigens ganz plötzlich ebenfalls für 50 Dollar. Ist klar. Leider erfuhren wir später, dass unser Fahrer für eine Nacht in Gewahrsam musste, was auch immer das in der Dominikanischen Republik heißt. Obwohl der Mann über eine Lizenz verfügt, wohlgemerkt. Sehr, sehr ärgerlich.

Estadio Julio A. Nolasco La Romana
Problem III: Wird gespielt?

Also gut. Der uns für 15.30 Uhr angekündigte Anstoß rückte immer näher, unser neuer Fahrer gab Gas, und um 15.29 Uhr rollten wir am Stadion ein. Zu sehen war dort - nichts. Keine Zuschauer, keine Spieler. Kurz nachgefragt - der (in der Tat starke) Regen der vergangenen Tage habe den Platz in Mitleidenschaft gezogen. Gespielt werde, wenn überhaupt, "so in einer Stunde". Also nebenan ein wenig Amateur-Softball geschaut, und tatsächlich, so langsam trudelten auf der Fußball-Tribüne ein paar Menschen ein. Erneute Nachfrage: 16.40 Uhr! Nun ja, am Ende wurde um 17.15 Uhr angestoßen, aber mein Gott, wen interessiert das schon :-)

Bei Atletico Romana Unidos (ARU) handelt es sich wie gesagt um einen Zweitligisten, der aktuell die 24. Auflage des Torneo La Romana für Vereine aus dem Osten des Landes austrägt. Dieses Turnier läuft in zwei Vierergruppen seit Ende August, heute stand die letzte Begegnung vor den Halbfinals an. Alle Partien werden bei ARU ausgetragen - was durchaus Sinn macht, ist deren "Estadio de Futbol del Polideportivo Julio A. Nolasco" doch weit und breit das einzige Stadion, das diesen Namen verdient hat. Auch Erstligist Delfines Del Este trug hier schon Heimspiele aus. Die Tribüne kann sich jedenfalls durchaus sehen lassen, sogar eine Laufbahn gibt es. Nur über den Rasen kann man mal reden. Uiuiuiui. Egal.

Das Estadio de Futbol del Polideportivo Julio A. Nolasco
25 Zuschauer wollten diesen weltbewegenden Kick sehen, Eintritt wurde nicht verlangt. Kurz zittern mussten wir aber noch: Weil zwei Tore auf den Seitenlinien standen, fürchteten wir, der Platz werde quer bespielt, das Turnier also auf Kleinfeld ausgetragen. War aber nicht so, die kleinen Tore wurden noch entfernt, und so stand dem Kick - und Länderpunkt 85 - nichts mehr im Wege. Wenig elegant, zugegeben, aber mit Verlust von viel Nerven und Schweiß. Dass die Begegnung auf überschaubarem Niveau war, muss wohl nicht erwähnt werden. Wenn wir das richtig verstanden haben, zog ARU durch den Sieg ins Halbfinale ein, aber wetten würden wir darauf nicht.

Problem IV: Thomas Cook ist pleite

Doch das dicke Ende der Chaos-Tage stand uns erst noch bevor. Zwar wurde es zunächst etwas entspannter - mit Ausflügen zu Traumstränden, den Wallfahrtsort Higüey und vor allem zu einer Schule für mittellose Kinder im Dorf mit dem schönen Namen "km 8". Doch dann kam die Pleite von Thomas Cook. Wir ahnten schon Böses, als uns die Nachrichten erreichten, und bekamen Gewissheit, als wir einen Zettel im Zimmer fanden mit den Hinweis, wir mögen uns doch mal bei der Rezeption melden...

Tribüne in La Romana
Dort ging es dann rund. Etwa 100 Gäste waren betroffen, von allen verlangte das Hotel Geld, weil Thomas Cook nicht gezahlt hatte. 70 Dollar pro Person und verbrachter Nacht forderte das Hotel, von uns also "nur" insgesamt 980 Dollar, von anderen wesentlich mehr. Die Stimmung kann man sich vorstellen. Wobei der lokale Reiseleiter, der uns die Nachricht übermittelte, die ärmste Sau war - auch er, immerhin dreifacher Familienvater, war soeben arbeitslos geworden. Was freilich manchen deutschen Urlauber nicht davon abhielt, ihn wüst zu bepöbeln - beinahe wäre es zu einer Prügelei gekommen, seinen Rucksack hatte der Reiseleiter schon ausgezogen...

Die Frage für uns lautete: Zahlen - oder einfach abhauen? Unsere Sorge war, dass "einfach abhauen" einer Zechprellerei gleich kommt, das Hotel unsere Namen meldet und wir Probleme bei der Ausreise bekommen. Ein Anruf bei der Botschaft in Santo Domingo bestätigte, dass dieses Szenario "nicht augeschlossen" sei. Hmm. Andere Gäste wagten dennoch die "Flucht", das Hotel wollte dies verhindern und rief die Polizei. Diese erklärte zum Glück, dass niemand gegen seinen Willen festgehalten werden darf. Das Hotel knickte daraufhin ein und ließ die nicht zahlungswilligen Gäste ziehen. Also machten auch wir schnellstens die Biege, suchten uns für die letzte Nacht ein billiges Appartement und traten dann den - nach mehreren Telefonaten mit Swiss ebenfalls gesicherten - Heimflug an. Uff.

Soll noch einer sagen, eine Woche All Inclusive sei langweilig :-)

Groundhopping Dominikanische Republik  Stadion in La Romana  Strand in der DomRep