SSC Neapel - Hellas Verona 1:0 (Serie B, 13.01.07)         Zur Startseite

Rauch-Intro der Curva B Das San Paolo in Neapel Der Gästeblock unter Beschuss

Neapel hat, in gewisser Weise, zwei Schutzheilige. Der eine - Maradona - befindet sich noch unter den Lebenden, der andere - San Gennaro - ist bereits seit 1700 Jahren tot. Zumindest fast, denn sein im Dom aufbewahrtes Blut verflüssigt sich unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in der Regel dreimal im Jahr. Bleibt dieses "Blutwunder" aus, steht der Stadt großes Unglück bevor. So wie 1980, als es zu einem schweren Erdbeben kam. Oder, fast noch schlimmer, 1988, als der SSC Neapel die italienische Meisterschaft am letzten Spieltag hauchdünn verpasste.

Für dieses Jahr scheint San Gennaro äußerst gut gestimmt. Der SSC spielt als Aufsteiger in der Spitzengruppe der Serie B mit und schickt sich an, erstmals seit 2001 wieder ins Oberhaus zurückzukehren. Auf dem Weg dorthin wartet am 19. Spieltag ein weiterer Ex-Meister: Hellas Verona. Beide Vereine verbindet eine innige Feindschaft, wie mehrere Graffiti in der Altstadt belegen. Tim Parks erinnert sich in seinem Buch "Eine Saison mit Verona" über die Saison 2000/2001 wie folgt an das Hellas-Gastspiel im verhassten Süden:

Bengal-Intro der Curva AMaul- und Kleuenseuche bei den "Schweinen"

"Schließlich werden wir wieder in den Bus gepackt, am Stadion abgeladen und an einer feindseligen Masse vorbei zum Eingang gescheucht, während die Polizisten uns anschreien und von hinten schubsen, als müssten sie eine Bande von Päderasten an einer aufgebrachten Menge vorbeitreiben. Im Stadion wird uns ein niederiger, abgelegener Block zugewiesen, sicher abgesperrt und mit Maschendraht verhängt, damit keine Gegenstände hinein- oder hinausgeworfen werden können. Das berühmte San Paolo ist eine riesige, altmodische, graue Betonschüssel. Begrüßt werden wir von einem Transparent mit der Aufschrift: "VERONESE MAIALE: L'AFTA IL TUO VERO RIVALE" Veroneser Schwein - die Maul- und Kleuenseuche ist dein wahrer Feind".

Gute Voraussetzungen also für ein interessantes Spiel. Doch zunächst muss, nach einem kurzen Treffen mit dem Dresdner Kollegen Mario, das Choas des Ticketkaufs bewältigt werden. Die Schlange ist lang, jeder zweite kifft, und immer wieder lässt ein Straßenjunge gegen kleines Entgelt einige Leute vor. Eine Praxis, die niemanden zu stören scheint. Gleiches gilt für die unzähligen Jugendlichen, die den meterhohen Zaun zum Stadion erklimmen und sich so den Eintritt sparen. Die Polizei schaut gelassen zu. Nach 40 Minuten haben wir endlich unsere Tickets und nehmen auf der Gegengeraden der gigantischen Badewanne namens San Paolo Platz.

Bengalos, Böller, Molotow-Cocktail: Gästeblock unter Beschuss

Graffiti gegen Verona in der AltstadtOffiziell 33.000 Zuschauer sind gekommen, beide Kurven platzen aus allen Nähten. Den Weg aus Verona haben etwa 300 Fans auf sich genommen und werden im erwähnten Gäste-Käfig gehalten. Zum Intro gibt es natürlich fleißig Spruchbänder (um nur eines zu nennen: "Per sempre merda! Verona merda!), in der "Curva A" etwa 40 Bengalen sowie gegenüber bunten Rauch. Auch während des Spiels brennt immer wieder irgendwo irgendwas, die anfangs euphorische Stimmung lässt allerdings mit zunehmender Spieldauer etwas nach.

Erst in der Pause wachen alle wieder auf, als der Gästeblock unter Dauerbeschuss gerät. Ein Bengalo nach dem anderen landet auf dem Käfig, dazu explodieren mehrere Böller über den Köpfen der Veronesi. "Höhepunkt" ist ein Molotow-Cocktail, der die Mauer zum Teil in Brand setzt und die Feuerwehr anrücken lässt. Normal ist das nicht. Dann wird wieder gespielt, und kurz vor Schluss fällt durch einen Elfmeter das Siegtor für Napoli und versetzt das Stadion minutenlang in pure Euphorie: Der SSC ist neuer Tabellenführer! Es scheint ganz so, als sollte San Gennaro einmal mehr Recht behalten.