Frankreich - Deutschland 0:0 (Freundschaftsspiel, 12.11.05)

Blick durch das Stade de France 

 

 

 

 

 

Der Reiseleiter in Paris konnte einem beinahe leid tun: Sind es normalerweise eher Touristen älteren Semesters, denen er auf der einstündigen Rundfahrt die Sehenswürdigkeiten der französischen Hauptstadt näher bringt, saßen in dem deutschen Reisebus diesmal überwiegend jugendliche Fußballfans mit wenig Interesse an Kultur. Entsprechend ungewohnt für den armen Mann dürften daher die Dialoge ("In diesem Restaurant kann man gut essen" - "Mir egal, ich will nur saufen" oder "Hier rechts residiert Jacques Chirac" - "Chirac? Fuck Chirac!") ausgefallen sein. Nun denn, wer für 29 Euro am Tag eines Länderspiels eine Tagesreise in die Seine-Metropole anbietet, muss mit einem derartigen Publikum wohl rechnen. Dennoch Lob an den Reiseleiter, der sein Schicksal mit Humor nahm.

Das UfoBeim anschließenden Streifzug durch die Stadt fiel neben dem reichhaltigen Angebot an Sehenswürdigkeiten auch eine enorme Polizeipräsenz auf. Nach den regelmäßigen Krawallen der jüngsten Tage wollte die Ordnungsmacht scheinbar nichts dem Zufall überlassen und nahm sogar vereinzelt erste Personenkontrollen vor. Auf dem Weg zum im Vorort St. Denis gelegenen Stadion dagegen waren kaum noch Polizisten zu sehen, ob dahinter der Wunsch nach Deeskalation stand blieb ungeklärt.

59.900 Zuschauer versammelten sich im Stade de France, um das Duell der ehemaligen Weltmeister zu verfolgen. Im Gästeblock fielen unter den ca. 2000 Deutschen, die sich unglücklicherweise auf zwei Etagen verteilten, die Vielzahl an Bayern- und Köln-Fans auf, was aber eine rein persönliche Wahrnehmung ist. Auch die Gladbach-Fraktion war sowohl personell als auch mit Zaunfahnen (Selfkant, Rurpiraten, Steinfurt, Coburg...jemanden vergessen?) ordentlich vertreten. Während des Spiels war der Support eher durchschnittlich, blieb damit aber immernoch über der Vorstellung der Franzosen, die außer "Henry"-Rufen und "Allez les bleus" nichts auf Lager hatten.

Im Spiel boten die Deutschen den favorisierten Franzosen Paroli und waren unter dem Strich sogar die bessere Mannschaft. Besonders Michael Ballack sorgte mit intelligenten Pässen immer wieder für Gefahr, und auch der erneut in der Anfangself stehende Marcell Jansen lieferte auf der linken Seite eine gute Leistung ab. Schade nur, dass Oliver Neuville nicht zum Einsatz kam. Nachdem Bastian Schweinsteiger und Thierry Henry die jeweils besten Chancen ihrer Mannschaft vergeben hatten, hieß es nach 90 Minuten 0:0. Die DFB-Elf bleibt somit seit dem legendären 1:0-Sieg am 7. Oktober 2000 in Wembley ohne Erfolg gegen einen so genannten "Großen". Für Aufregung sorgten zu Beginn der 2. Halbzeit teilweise heftige Ausschreitungen in der Südkurve. Das schon übliche Riesen-Trikot Schon im ersten Durchgang hatten sich hier Franzosen untereinander - offenbar vor dem Hintergrund der jüngsten Krawallnächte - einen verbalen Schlagabtausch geliefert, der nun in Handgreiflichkeiten ausartete, an denen zum Schluss auch Deutsche beteiligt gewesen sein sollen. Polizei und Ordner sahen dabei unverständlicherweise tatenlos zu.

Das Stade de France wurde 1997 eröffnet und war bekanntlich ein Jahr später Schauplatz des WM-Finales und damit des größten Erfolges in der Geschichte der französischen Nationalmannschaft. Auch sieben Jahre später zählt die Arena noch zu den modernsten in Europa, besonders die durch die einfahrbaren Tribünen erreichte vielfältige Nutzbarkeit macht das Stadion zu einer Erfolgsgeschichte. Schade nur, dass Anätze der Laufbahn auch während des Fußballbetriebes zu sehen sind und damit besonders hinter den Toren die Nähe zum Spielfeld nur bedingt gegeben ist. Markantester Teil des Stade de France ist wie bei sovielen Neubauten das Dach - wahrscheinlich, weil die Architekten heuzutage nur hier ihre Kreativität ausleben können. Einzig an 18 Pfeilern befestigt schwebt dieses wie eine Scheibe über dem weiten Rund und sorgte damit schnell für den Spitznamen "Ufo".