SV Röchling Völklingen - SC Idar-Oberstein 3:1 (Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar, 30.4.2014)

Hermann-Neuberger-Stadion von Röchling Völklingen

Rostige Stahl-Ungetüme, endlose Rohre und Rampen, eine Kulisse wie gemacht für Endzeit-Filme: Die Völklinger Hütte, das 1986 stillgelegte Eisenwerk am Ufer der Saar, hat dem kleinen Völklingen zu überregionaler Bekanntheit verholfen. 1994 ernannte die UNESCO den grauen Giganten als erstes Industriedenkmal der Welt zum Weltkulturerbe. Völlig zu recht.

Völklinger Hütte
Wer also Röchling Völklingen besucht, ein wenig Zeit hat und sich für vergammelte Hochöfen ebenso erwärmen kann wie für alte Fußball-Stadien, dem sei ein Besuch der Hütte ans Herz gelegt. Zumal der Bogen zum Fußball recht schnell geschlagen ist. Denn es waren die Stahlmagnaten der Familie Röchling, die das Werk zum größten Arbeitgeber der Stadt ausbauten, den Verein zum Aufstieg bis in die 2. Bundesliga verhielfen und 1966 sogar in den Namens des Vereins aufgenommen wurden.

Blätternde Farbe an der Tribüne
Im Fahrstuhl hoch und runter mit Röchling

"Röchling Völklingen" heißt der Verein bis heute. Dass Hermann Röchling ein Vertrauter Hitlers war und nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde, stand und steht dem bis heute nicht im Wege. Denn das Schicksal des einstigen SV Völklingen war schon immer untrennbar mit der Hütte und seinen Besitzern verbunden: 1974 noch Gründungsmitglied der 2. Bundesliga, begann ein Jahr später mit der einsetzenden Stahlkrise auch der langsame Abstieg. Ab 1989 verschwand der Verein für zehn Jahre in der Landesliga.

337 Zuschauer bei Röchling Völklingen
Heute spielt der Traditionsklub immerhin in der fünftklassigen Oberliga. Und hat, neben seinem großen Namen, vor allem ein großartiges Stadion als Erinnerung an früher behalten. Ich sag mal so: Als Völklingen 1993 in einer RTL-Umfrage zur "hässlichsten Stadt Deutschlands" gekürt wurde, hat wahrscheinlich niemand einen Blick in das Hermann-Neuberger-Stadion geworfen.

Viertgrößtes Stadion des Saarlandes

Vor allem ist da die Haupttribüne zu nennen. Klar, der Lack ist buchstäblich ab, ein Anstrich tut dringend Not, doch immerhin hält das kleine Bauwerk schon seit 1955 nahezu unverändert die Zuschauer vom Regen ab. Auf den zahlreichen, mit Wellenbrechern gesäten Betonstufen ringsherum fanden einst 20.000 Zuschauer Platz, inzwischen wächst sich an einigen Stellen zwar wieder Rasen, das gelungene Gesamtbild ist dennoch erhalten geblieben. 12.000 Menschen passen heute in das schon um 1930 eröffnete Rund.

Stehplätze, Stehplätze, Stehplätze
Benannt ist das viertgrößte Stadion des Saarlandes nach dem ehemaligen DFB-Präsidenten Hermann Neuberger, der in Völklingen geboren wurde. Gelegen ist es unweit des Köllerbach und in Sichtweite des Steinkohlekraftwerks Völklingen/Fenne. Die qualmenden Schlote nahe des Fußballplatzes erinnern ein wenig an Schwarz-Weiß-Fotos von Revierklubs wie dem SV Sodingen, wo harte Arbeit und Fußball Hand in Hand gingen. Ein wenig nach Schweiß riecht es also auch heute noch beim SV Röchling Völklingen.

Erst Schlusslicht, dann sieben Siege in Folge

Harte Arbeit prägt beim SV Röchling auch die aktuelle Saison. Noch Mitte März schien der Abstieg als Tabellenschlusslicht unvermeidlich, dann folgte ein kleines Wunder. Sechs Siege in Folge feierte der Klub, und heute gelingt gegen den Regionalliga-Absteiger Idar-Oberstein tatsächlich der siebte Streich. Kleine Randnotiz: Bei den Gästen sitzt in Olaf Marschall ein alter Bekannter auf der Trainerbank - mit einer Haarpracht wie vor 20 Jahren, versteht sich.

Haupttribüne im Hermann-Neuberger-Stadion von Röchling Völklingen
Zeuge dieses "Big Points" im Abstiegskampf werden 337 Zuschauer. Immerhin, möchte man meinen. Besonders schön: Einige tragen Trikot, einige Schal, und einige ziemlich lange Haare. Ein paar Sprechchöre gibt es auch, und am Ende wird kräftig Beifall geklatscht. Denn der ehemalige Zweitligist und DFB-Pokal-Viertelfinalist SV Röchling Völklingen, das zeichnet sich spätestens mit dem heutigen Sieg ab, wird auch in der kommenden Saison in der Oberliga spielen.

Bleibt der Blick auf die Stadionmusik. Alternative? Old school? Leider nicht ganz.

Die Setlist des SC Röchling:

1. Klingande - Jubel. Wiki verrät: Die erfolgreichste französische Produktion in Deutschland seit "Lambada" 1989. Ehrlich: Ich fand Lambada besser.
2. Milky Chance - Stolen Dance. Musik aus Kassel, in fünf europäischen Ländern Nummer eins. Entspannte Nummer!
3. James Blunt - Bonfire Heart. Den Kollegen Blunt find ich inzwischen ja ganz lustig. Seine Weichspüler-Musik noch immer nicht.
4. Naughty Boy - La La La. Covering my ears like a kid? Nur bei James Blunt - aber nicht bei Naughty Boy!
5. Robin Thicke - Blurred Lines. Fand ich etwa drei Tage lang gut, mittlerweile nur noch nervig. Bis auf das Video, versteht sich.
6. Van Halen - Jump. Spring, Baby, spring! Ein Klassiker, zweifellos. Und immer wieder hörbar.
7. Opus - Live is life. Unnützes Nerd-Wissen: Pur hießen am Anfang auch Opus, mussten sich dann umbenennen. Gute Nummer, noch immer.

Fazit: Nicht wirklich originell, die Auswahl. Selbst die Klassiker sind irgendwie Standard. Macht eine 4. Zum Gesamtstand.

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