Irgendwann muss mir mal jemand den italienischen Fahrstil erklären. Auf der Autobahn wird ohne Blinker oder Schulterblick die Spur gewechselt, im Stadtverkehr sind sämtliche Vorfahrtsregeln außer Kraft gesetzt, aber auf der Landstraße wird geschlichen wie auf dem Weg zur Sonntagsmesse. Als Folge bummelten wir schier endlos mit 50 km/h von Empoli nach Siena, standen dort schon weit vorm Stadion im Stau und erkämpften uns schließlich nur mit Glück und Tricks einen Parkplatz. Wer jemals dasselbe Ziel anpeilt, dem sei eine frühe Anreise empfohlen.

Verstärkte Gesänge aus dem Lautsprecher?

Immerhin lagen die reservierten Tickets für das ausverkaufte Spiel bereit, also hinein ins Vergnügen. Schon beim Betreten des Stadions funkelte die Curva Robur in Silber, die Vorzeichen der einzigen Choreo unserer Tour. Zum Einlaufen wurde schließlich die gesamte Kurve und die Hälfte der Gegengerade in eben jenes Silber getaucht, garniert mit einer "Curva Robur"-Blockfahne hinter dem Tor sowie einer für uns nicht zu erkennenden Blockfahne auf unserer Seite. Schon nett anzusehen (---> Video).

Für Stirnrunzeln sorgte allerdings die Tatsache, dass die Gesänge der Heimfans während des Spiels offenbar über die Lautsprecher in die anderen Teile des Stadions getragen werden. Beschwören können wir das zwar nicht, aber fünf Paar Ohren können sich eigentlich nicht täuschen. Falls es so ist: schwach, schwach.

Schwach war auch der Auftritt der etwa 2000 Inter-Fans unter den 15.439 Zuschauern. Fast über 90 Minuten wurde geschwiegen, einzig nach der Führung durch Maicon (35.) wurde ein wenig gefeiert. Für größeren Jubel sorgte da der Ausgleich kurz vor der Pause, doch in der 83. Minute traf erneut Maicon aus klarer Abseitsposition zum 2:1 (---> Highlights). Wenn die Schiedsrichter derart mitspielen, wird Inter der erneute Titel kaum zu nehmen sein.

Außergewöhnliche Lage, verrottete Laufbahn

Das Stadio Artemio Franchi ist genau wie das Pendant im benachbarten Florenz nach dem ehemaligen UEFA-Präsidenten benannt, der 1922 in Florenz geboren wurde und 1983 in Siena starb. Nach einigen notwendigen Umbauten fasst das 1938 eröffnete Rund inzwischen immerhin die erwähnten 15.400 Zuschauer, ist aber noch immer die kleinste Arena der Serie A.

Seine ungewöhnliche Lage in einer Talsenke gepaart mit den angestrahlten Gebäuden in der unmittelbaren Nachbarschaft gibt dem ansonsten etwas lieblosen Stadion immerhin eine eigene Note. Die Laufbahn dagegen ist noch vorhanden, hat allerdings längst ausgedient: An einigen Stellen vermoost und verrottet, ist die Nordtribüne sogar größtenteils auf jener Laufbahn errichtet worden.

Größter Vorteil ist aber wohl die zentrale Lage - wenn man die dadurch entstehenden Parkplatzprobleme einmal beiseite lässt. Tatsächlich liegt die sehenswerte Altstadt mit dem grandiosen Campo nur einen Steinwurf entfernt, sodass auch wir den Samstagabend hier ausklingen lassen. Doch dann heißt es für uns ab ins Bett - schließlich wartet schon der nächste, lange Tag...