Maccabi Tel Aviv - Beitar Jerusalem 0:0 (Ligat Ha'al Israel, 6.12.2008)

Das Bloomfield Stadium in Tel Aviv

Eine Woche Israel, nur ein Spielbesuch - die Zeiten ändern sich. Oder anders ausgedrückt: Während früher der Urlaubs-Aspekt eher ein schöner Nebeneffekt des Hoppens war, ist heute der Fußball ein schöner Nebeneffekt des Rumreisens. Nicht, dass ich nachher noch vernünftig werde...

Blockfahne der Fans von Maccabi Tel Aviv
Allerdings wäre es auch ein Frevel, in Israel das Land links liegen zu lassen. Zu faszinierend ist der erst 60 Jahre alte Staat. Das beginnt bei der Einreise ("Warum haben Sie einen Marokko-Stempel in Ihrem Reisepass? Kennen Sie dort jemanden?") und setzt sich fort, wohin man kommt. Um ein wenig Namedropping zu betreiben: Jerusalem, Bethlehem, Totes Meer, Rotes Meer, Negev-Wüste, Qumran, Messada - alles Orte, die ihren Platz in den Geschichts- und Religionsbüchern sicher haben. Oder, um Mitfahrer Christoph zu zitieren: Eine Art Disneyland für Christen.

Stillstand am Spieltag

Zumindest der Länderpunkt sollte es dann aber doch sein, was allerdings gar nicht so einfach ist: Die Ligat Ha'al spielt zum großen Teil am Samstag, also dem Sabbat - und da steht das Leben in Israel still, weder Busse noch Züge verkehren. Selbst der Autoverkehr lässt nach, da orthodoxe Juden am Sabbat kein Feuer machen dürfen - und dazu gehört auch die neumodische Variante, sprich der Zündfunke im Motor. Blieb also nur der Mietwagen, um von Jerusalem aus die 70 Kilometer zum oben genannten Spitzenspiel in Tel Aviv zu überbrücken.

Das Bloomfield Stadium in Tel Aviv
Das Wort Spitzenspiel meint allerdings eher die attraktive Konstellation "Rekordmeister gegen amtierender Meister" - in der aktuellen Saison haben beide Mannschaften keine Ambitionen mehr auf den Titel und dümpeln im Mittelfeld herum. Trotzdem herrscht rund um das Bloomfield Stadium schon weit vor dem Anpfiff reger Betrieb, für 90 Schekel (ca. 18 Euro) gibt es nur noch Tickets am äußersten Rand der Haupttribüne. Am Ende finden sich 14.000 Zuschauer im 15.700 Sitzplätze bietenden Stadion ein, darunter etwa 2000 Gäste - Für ein sportlich wenig attraktives Spiel durchaus beachtliche Zahlen.

Kurz vor Anpfiff schnappe ich mir einen leeren Sitz auf Höhe der Mittellinie und genieße somit perfekte Aussicht auf die beiden Kurven. Zum Intro zeigt die Heimseite eine die gesamte Kurve überspannende Blockfahne (---> Video), an deren Seiten je ein Totenkopf zu sehen ist und deren hebräische Aufschrift in etwa "Maccabi oder Tod" bedeutet. Zusätzlich appellieren zahlreiche Spruchbänder auf der Gegengerade dazu, "die Vergangenheit zu vergessen" und nach vorne zu schauen. Die Gäste werfen derweil ein wenig Konfetti und verlassen sich auf ihre Stimme - was aber ebenfalls einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Eher Springen als Hüpfen

Während des Spiels hält sich die Stimmung auf einem hohen Niveau, wobei vor allem ein Stilmittel immer wieder eingesetzt wird: Das Hüpfen. Wobei eigentlich schon von Springen die Rede sein muss, wenn insbesondere die Maccabi-Anhänger immer wieder durch ihren Block tanzen. Sehr hübsch anzusehen (---> Video II). Insgesamt erinnert der Support dank Trommeln, ständigen Arm-Einsatzes und vieler bekannter Melodien irgendwie an die Boca Juniors - selbstredend in etwas kleineren Dimensionen. Tatsächlich tragen auch viele Maccabi-Fans Trikots des argentinischen Klubs, dessen Vereinsfarben Blau/Gelb natürlich auch perfekt zu denen der Gastgeber passen.

Volles Blumfield Stadium in Tel Aviv
Die Stimmung lässt angesichts der ausbleibenden Tore zwar im Laufe des Spiels etwas nach, langweilig wird es aber nie. Auch die Haupttribüne ist mit Feuereifer dabei, steht immer wieder zum Support auf und beschwert sich ansonsten lautstark über den Schiedsrichter. Auffallend dabei die ständigen "Offside!!"-Rufe - das Mutterland des Fußballs ist zwar viele tausend Kilometer entfernt, hat seine Spuren aber auch im Gelobten Land hinterlassen. Am Ende bleibt es trotz leichter Überlegenheit der Gastgeber beim 0:0 - beide Teams dümpeln somit weiter im Mittelfeld der Tabelle herum.

Drei Erstligisten in einem Stadion

Das kleine, aber feine Bloomfield Stadium wurde 1960 auf dem Gelände des ehemaligen Stadions Basa erbaut. Letzteres war Heimat des Lokalrivalen Hapoel, den Neubau teilen sich seit 1968 beide Vereine. Seit 2004 hat auch der Emporkömmling Bnei Yehuda hier seine Zelte aufgeschlagen, weshalb an jedem zweiten Spieltag gleich zwei Erstliga-Begegnungen im Bloomfield ausgetragen werden - ab und an sogar direkt hintereinander.

Bei seiner Fertigstellung galt das Stadion als modernstes seiner Art in Israel, nicht zuletzt, da es als erste Arena über Flutlicht verfügte. Finanziert wurde es durch eine Spende in Höhe von 10 Millionen israelischer Pfund der Bloomfield-Stiftung, die einem kanadischen Juden gehört und somit für die Namensgebung verantwortlich zeichnete. Die letzten großen Umbauten folgten im Jahr 2001, als die Arena in einen Allseater umgewandelt wurde.

Ohne Tore, aber mit neuem Länderpunkt im Gepäck ging es schließlich nach 90 unterhaltsamen Minuten durch die Nacht zurück nach Jerusalem, wo wieder andere Highlights warteten. Aber das ist eine andere Geschichte...

Spruchbänder der Fans von Maccabi Tel AvivKlagemauer und Felsendom in JerusalemIsrael