VfR Mannheim - SV Waldhof Mannheim 1:3 (Oberliga Baden-Württemberg, 31.5.2008)

Das Rhein-Neckar-Stadion in Mannheim

"Zu bleiben dort wo sie nicht ist - Setz ich mir nur ne kurze Frist - Denn meine Stadt ist meine Frau - der ich alles anvertrau".

Wohl nur zu VfR-Fans beim Mannheimer Derby wenigen Anlässen passt der Song "Meine Stadt" der Söhne Mannheims besser als zum Lokalderby zwischen dem VfR und dem SV Waldhof. Kein Wunder also, dass dieser Song vor Anpfiff durch das Rhein-Neckar-Stadion schallt: Wohl die meisten der immerhin 4000 Anwesenden haben irgendeine Beziehung zu Mannheim. Ganz egal, ob das Herz nun für Blau-Weiß-Rot oder für Blau-Schwarz schlägt.

Passend ist das Lied aber auch, weil dieses Derby zum vorerst letzten Mal stattfindet: Waldhof steht vor dem letzten Spieltag bereits als Aufsteiger in die Regionalliga fest, der VfR kämpft dagegen noch um den Oberliga-Klassenerhalt. Vielleicht also liegen bald schon zwei Spielklassen zwischen den beiden Klubs, die sich schon so viele Duelle um die "Stadtmeisterschaft" geliefert haben: Insgesamt 141 Pflichtspiel-Duelle gab es seit 1914 bereits. Das bisher letzte in der Hinrunde endete mit einer 6:0-Demütigung für die Rasensportler. Doch Revanche ist am heutigen Tag eher zweitrangig - eher geht es darum, den "schwärzesten Tag der Vereins-Geschichte" zu verhindern, wie es in der Stadionzeitung heißt.

"Bye Bye OLBW" - "Bye Bye BFV" - "Bye Bye VfR"

Normalerweise spielt der VfR vor etwa 350 Zuschauern, zum Derby sind gut 4000 ins Rhein-Neckar-Stadion gekommen. Kurzzeitig war sogar en Umzug ins benachbarte Carl-Benz-Stadion des SVW erwogen worden, doch am Ende gab auch die Polizei Grünes Licht für das RNS. Ein Auswärtsspiel wird es dennoch für die Blau-Weiß-Roten: Gut und gerne 3000 der Zuschauer drücken Waldhof die Daumen.
Die
Mitgebracht haben diese zahlreiche Taschentücher, die zum Einlaufen geschwenkt werden. Passend dazu: Das Spruchband "Bye Bye OLBW". Dessen letzterer Teil wird nach wenigen Sekunden gegen "BFV" ausgetauscht, um schließlich in einem dritten Schritt einem "VfR" zu weichen (---> Video). Von Nachbarschaftshilfe kann also keine Rede sein, auch wenn die Rivalität beider Klubs vielleicht nicht mit der in anderen Städten vergleichbar ist. Was sicher auch daran liegt, dass die Rasensportler fußballerisch nur noch eine Nebenrolle spielen - obwohl sie, anders als der Nachbar, sogar einst (1949) Deutscher Meister waren.

Im Spiel ist Waldhof von Beginn an die klar bessere Mannschaft, wird kurz vor der Pause aber von der VfR-Führung überrascht. Das passt den Gäste-Fans nun gar nicht, zur zweiten Halbzeit gibt es folgerichtig das Spruchband "Keine Wettbewerbsverzerrung: Zerstört sie!". Gesagt, getan: Wohl auch, weil auf den anderen Schauplätzen alles nach Maß läuft, ergeben sich die Hausherren der Übermacht der Gäste und verlieren am Ende noch 1:3. Da aber auch die Abstiegs-Konkurrenz leer ausgeht, schafft der VfR mit Ach und Krach den Klassenerhalt. Am Ende gibt es somit ausschließlich zufriedene Gesichter in Mannheims Fußball-Welt.

"Die verwirrendste Stadion-Historie deutscher Städte"

Nur an wenigen Stellen der Fußball-Welt liegen die Stadien zweier rivalisierender Vereine so nah beieinander wie in Mannheim. Bei Independiente und Racing in Buenos Aires sind es nur 300 Meter, ungefähr in der selben Liga spielen Dundee United und Dundee FC sowie natürlich das Grenzlandstadion und das RSV-Stadion in Mönchengladbach :-). Und eben das Carl-Benz-Stadion und das Rhein-Neckar-Stadion.

Kämpfen VfR!
Die Nähe ist das Resultat einer komplizierten Geschichte. Mannheim besäße "die verwirrendste Stadion-Historie deutscher Städte", meint gar das "Große Buch der deutschen Fußballstadien". Um es möglichst kurz und schmerzlos zu machen: Einst gab es das "Stadion Mannheim", später auch als Rhein-Neckar Stadion I bekannt. Der VfR wollte jedoch ein reines Fußballstadion und baute 1971 direkt nebenan das Rhein-Neckar Stadion II - die heutige Spielstätte. Auf dem Gelände des RNS I wurde schließlich 1992 ein neues Stadion gebaut, das Carl-Benz. Soweit verstanden? Schön. Paradox nur, dass bei diesen vielen Stadien (insgesamt gibt es 5, aber das würde zu weit führen), der SV Waldhof einen Großteil seiner Bundesliga-Spiele wo ausgetragen hat? Richtig, in Ludwigshafen...

Immerhin ist so eine nette kleine Anlage erhalten geblieben, die gut 12.000 Zuschauern Platz bietet. Schon 2002 berichtete das Standardwerk "1000 Tipps für Auswärtsspiele" von der "etwas eigentümlich aussehenden Wellblechtribüne", auf der "Moos wächst" - woran sich bis heute nichts geändert hat. Auch die "sprießenden Grashalme" auf den rund 30 Stehtraversen der Gegengerade sind nachwievor nicht zu übersehen. Und auch hinter den Toren ist der Ausbau weiterhin eher bescheiden. In einem Fakt ist der "1000 Tipps" jedoch überholt - denn anders als befürchtet erlebt das RNS auch in Zukunft noch höherklassigen Fußball. Denn die Aussage "Der VfR ist nicht mehr" schien 2002 zwar kurzzeitig korrekt, doch die schon beschlossene Fusion kam am Ende doch nicht zustande. Und so leben in Mannheim bis auf weiteres zwei Fußballklubs auf engstem Raum nebeneinander, um sich ab und an auch in der Liga über den Weg zu laufen. Wann das allerdings das nächste Mal der Fall sein wird, steht in den Sternen...

Bye Bye OLBWBye Bye BFVBye Bye VfR