Zalgiris Vilnius - Suduva Marijampole 0:0 (A-Liga, 24.05.06)

Die Haupttribüne im Zalgiris Dank Baltic Air ging es für einen Spottpreis - dafür aber auch in aller Herrgottsfrühe - von Riga in die litauische Hauptstadt Vilnius. Nach ausgiebigem Sightseeing in der sehenswerten Altstadt (2009 ist Vilnius europäische Kulturhauptstadt), gutem Essen und Utenos-Bier in der Sonne führte der Fußmarsch zum zentral gelegenen Zalgiris Stadion. Schwer zu finden ist das Rund nicht: Schon von weitem verraten die riesigen Flutlichtmasten den Standort direkt neben einer großen, von außen eher schäbigen Sporthalle.

Das Zalgiris erfüllt alle Klischees eines Ostblock-Stadions: Die erwähnten Fliegenklatschen, Plattenbauten in der direkten Nachbarschaft, Graffiti an jeder Ecke, vergammelte Kassenhäuschen, morsche Sitzbänke, eine ausgediente Laufbahn und natürlich eine viel zu große Anzeigetafel. Kurz: Einfach genial. Schade nur, dass Fußball in Litauen kein Schwein interessiert. Die 500 heutigen Zuschauer waren schon recht viel: Am 2. Oktober 1996 sahen gerade einmal 28 Zuschauer das Erstligaspiel zwischen Zalgiris und Zalgiris II. Ein Minusrekord, der nur schwer zu unterbieten sein dürfte.

"Nur" drei Meisterschaften für Zalgiris

Nettes Intro der HeimfansDabei hat das Stadion schon ganz andere Highlights gesehen. Nachdem der Klub 1947 als Dinamo Wilna - einem Ableger von Dynamo Moskau - gegründet wurde, spielte Zalgiris zu Sowjet-Zeiten die erste litauische Geige und hielt sich viele Jahre in der ersten Liga auf. 1985 lief in Zalgiris-Profi Sigitas Jakubauskas sogar erstmals ein Litauer in der russischen Nationalelf auf. Mit der Unabhängikeit 1990 begann für das ganze Land eine neue Zeitrechnung - so auch für Zalgiris. Ein Großteil der Spieler, darunter auch der spätere HSV-Profi Valdas Ivanauskas, verließ den nun "FK Zalgiris Vilnius" genannten Klub Richtung Austria Wien. Eine Dominanz wie etwa Skonto Riga im benachbarten Lettland war dem Klub nie vergönnt: "Nur" drei Meisterschaften 1991, 1992 und 1999 sind im Vergleich bescheiden.

Auch in der Saison 2005/2006 dümpelt Zalgiris nur im Mittelfeld herum, immerhin noch knapp vor dem Gast aus der Industriestadt Marijampole. Den Außenseiter begleiteten immerhin zehn Fans mitsamt Blockfahne, die dem 100 Mann zählenden Fanblock der Grün-Weißen jedoch naturgemäß unterlegen waren. Letztere zeigten zum Einlaufen einen kleinen "Papier-Wasserfall" und sangen fast 90 Minuten durch - leider nicht immer politisch korrekt. Das Spiel jedenfalls war enttäuschend und das Eintrittsgeld nicht wert - auch wenn 5 Lits (etwa 1,50 Euro) für die Haupttribüne wahrlich nicht viel ist. Ein Lattenschuss der Gäste blieb das einzige Highlight der Partie, da halfen auch Tonnen von Kürbiskernen nicht mehr. Nach 90 torlosen Minuten ging es somit etwas enttäuscht, aber immerhin mit Länderpunkt Nummer 43 im Gepäck, auf ein letztes Utenos zurück in die Innenstadt.

Hinweisschild am Stadion Marathontor Morsche Sitzbänke im Fanblock