Viktoria Aschaffenburg - SV Wehen Wiesbaden II 2:0 (Regionalliga Süd, 6.6.2009)

Das Stadion Schönbusch in Aschaffenburg

Ein Hauch von Melancholie umweht an diesem Samstag den Aschaffenburger Schönbusch. Die alte Dame Viktoria hat zwar sportlich den Regionalliga-Klassenerhalt geschafft, steht aber längst als Absteiger fest. Kein Geld, keine Lizenz. Am letzten Spieltag heißt es also Abschied nehmen. Wie es weiter geht, steht noch nicht ganz fest. "Ob in der Oberliga oder einer anderen Klasse, wissen wir leider nicht. Aber wir sind genauso gespannt wie alle anderen auch", schreibt die Stadionzeitung. Keine schönen Aussichten.

Stahlrohrtribüne in Aschaffenburg
"Scheißegal in welcher Liga - immer wieder SVA", singen trotzig die verbliebenen Viktoria-Anhänger. Gerade einmal 180 Zuschauer sind gekommen, um den letzten Vorhang fallen zu sehen. Das macht nicht gerade Mut für die Zukunft. Dabei ist das Potenzial doch vorhanden. 2. Bundesliga, 6000 Zuschauer pro Spiel, so lange ist das alles noch gar nicht her in Aschaffenburg.

Tribüne mit neuer Funktion

Der Blick zurück auf erfolgreichere Jahre, er liegt an diesem Samstag hoch im Kurs. Der "Schönbusch-Kurier" fährt direkt das ganze Programm auf, erinnert an die Aufstiegshelden von 1985, an Ex-Trainer wie Rudi Bommer oder Werner Lorant und natürlich den Pokalsieg gegen Köln 1987. Schnief. Sogar die Spielstätte muss herhalten. "Was waren das noch für Zeiten, als unser Stadion noch keine Stahlrohrtribüne hatte, dafür aber eine wunderschöne Natur-Stehtribüne", heißt es. Melancholie eben.

Besagte Stahlrohrtribüne erinnert an eine Stadion-Geschichte mit skurriler Seltenheit. Ein Flutlicht sollte her, damals im Jahr 1993. Das Problem: Die Masten hätten den Blick auf Stadtschloss Johannisburg und Gartenschloss Schönbusch gestört. Die Lösung: Kurzerhand wurde das Spielfeld um 90 Grad gedreht! Auf diese Weise wurde die ehemalige Haupttribüne zur Hintertortribüne - diese Funktion hat sie bis heute -, auf der Gegengerade entstand dafür die erwähnte Stahlrohr-Konstruktion. Die Pointe zum Schluss: Die Flutlichtmasten wurden bis heute nicht gebaut.

Immerhin ist so ein kurioses Gesamtbild entstanden, welches einen Besuch lohnenswert macht. Zumal die übrigen zwei Seiten mit ausreichend Stehstufen samt Wellenbrechern ausgestattet sind. 8000 Menschen finden auf diese Art im Stadion Schönbusch Platz. Nicht viel, aber immerhin.

Anzeigetafel Viktoria gegen Wehen Wiesbaden
Doppeltes Döp-Döp dank Lucas Oppermann

Auf dem Platz bemüht sich die Viktoria - die geographisch übrigens in Bayern, fußballerisch aber in Hessen beheimatet ist - von der ersten Minute an um einen gelungenen Abschied. Mit Erfolg: Dem 22 Jahre alten Lucas Oppermann gelingen zwei sehr ansehnliche Treffer, die zu unserer Überraschung mit einem gepflegten Döp-Döp-Döp made by Scooter gefeiert werden. Also ganz wie in Mönchengladbach - und auch beim heutigen Gegner aus Wiesbaden. Der (immerhin) zehnköpfige Fanblock der Gäste jubelt trotzdem nicht mit.

Das Happy End ist perfekt, als nach der Abschieds-Ehrenrunde Präsident Michael Schuch verkündet, dass einige Gläubiger der Viktoria auf ihre Forderungen verzichten. Zumindest die Oberliga scheint Aschaffenburg damit erhalten zu bleiben.

Ein Happy End mit Abstrichen ist auch diesem Bericht vergönnt. Denn da wäre ja noch der Blick auf die Stadionmusik. Und da gibt es nur leichte Abzüge in der B-Note.

Die Setlist von Viktoria Aschaffenburg:

1. Europe - The final countdown. Eigentlich zu oft gehört. Aber bei solch einem Spiel erlaubt, ja sogar erwünscht!
2. Survivor - Eye Of The Tiger. Schon wieder. Selbstredend noch immer ein Klassiker.
3. Kid Rock - All summer long. Schon wieder. Auch wenn der Sommer (hoffentlich) noch kommt: Spätestens jetzt endgültig ausgelutscht.
4. Samy Deluxe - Bis die Sonne rauskommt. Die Überraschung dieser Liste, weil unerwartet. S.D. auf Abwegen, macht aber Sommer-Laune. Daumen hoch!
5. Mando Diao - Dance With Somebody. Schon wieder. Ist okay, aber eher was zum Nebenbeihören. Hätte ich prompt fast vergessen zu notieren.
6. Blur - Song 2. Gehört ja eigentlich St. Pauli. Aber wir sagen es nicht weiter, versprochen. Hat nach all den Jahren noch immer viel Power.
7. Shaggy - Feel the Rush. Schon wieder. War bei der WM nervig, bleibt auch nach der WM nervig.
8. Christina Stürmer - Fieber. War bei der EM passabel, bleibt auch nach der EM passabel. Mehr aber auch nicht.
9. Max Mutzke - Marie. Hoppala, Max Mutzke? Die singende Glatze? Nee, Marie gefällt mir nicht so. Das alte da, ihr wisst schon. Das war besser.
10. Van Halen - Jump. Aus ganz persönlichen Gründen werde ich über dieses Lied NIE etwas Negatives sagen :-)
11. Peter Fox - Alles neu. Schon wieder. Hab ich mich aber noch immer nicht dran satt gehört. Mehr davon!
12. Queensberry - No smoke. Ich gebe zu: Ich musste den Text mitschreiben und googlen. Ziemlicher Aufwand für ein 08/15-Popstars-Lied.

Fazit: Positiv: Hohe Deutsch-Quote. Negativ: Zu viel Standard-Stadion-Musik. Macht ne 3-. Zum Gesamtstand.

SaisonabschiedSchloss Johannisburg in AschaffenburgFans von Wehen Wiesbaden 2