Olympia 2016 in Brasilien (31. Juli bis 21. August)

Arena Fonte Nova in Salvador

Alter Spruch vorweg: Nein, kein Hopping. Daher folgt an dieser Stelle erneut nur ein Text in aller gebotenen Kürze. Drei Wochen ging es quer durch Brasilien, immer der deutschen Mannschaft hinterher...

WM-Arena in Salvador
Fußball bei Olympia, das ist bekanntlich so eine Sache. Besonders in Deutschland, das seit der Bronzemedaille 1988 (!) mit Uwe Kamps nicht mehr vertreten war. Bei der U21-EM 2015 gelang aber die Rückkehr auf die große Bühne, und so hieß es: Ab über den Teich. Über Rom und Rio ging es direkt weiter nach Salvador. Schlaf ist überbewertet.

In Salvador begann bekanntlich bei der WM 2014 auch das Team von Jogi Löw sein Brasilien-Abenteuer, das Ende ist bekannt. Es gibt also schlechtere Orte zum Start in das Olympia-Abenteuer als die Stadt, die nicht zuletzt durch ein Michael-Jackson-Video bekannt ist. Hinzu kommt das Meer, ein unglaubliches Verkehrschaos und einfachste Behausungen direkt neben schicken Gebäuden. Spannend.

Deutschland - Mexiko 2:2 (Vorrunde in Salvador da Bahia, 4.8.2016)

Los ging es gegen den Olympiasieger, es geht schlechter. 16.500 Zuschauer in der riesigen Arena Fonte Nova, in Wahrheit aber wohl deutlich weniger, trotzten dem strömenden Regen und wurden zumindest nach der Pause mit einem guten Spiel belohnt. Am Ende stand ein Punkt, Pflicht erfüllt.

Favela in Salvador
Die Arena Fonte Nova fasst immerhin 51.000 Zuschauer. Auffallend ist, dass die Seite zum benachbarten See einfach mal offen gelassen wurde. Das schafft eine schöne Aussicht und eine zumindest ungewöhnliche Optik. Bei der WM fanden hier insgesamt sechs Spiele statt, darunter Deutschlands erwähnter Auftakt gegen Portugal (4:0) und das Viertelfinale zwischen Holland und Costa Rica (4:3 i.E.).

Fidschi - Mexiko 1:5 (Vorrunde in Salvador da Bahia, 7.8.2016)

Drei Tage später ging es an gleicher Stelle weiter. Da wir früh genug im Stadion waren, gab es auch gleich den ersten Teil des üblichen Double-Headers zu sehen. Der krasse Außenseiter Fidschi lag doch allen Ernstes zur Pause in Führung, nur um dann in 28 Minuten fünf Tore zu kassieren. Bäm!

Deutschland - Südkorea 3:3 (Vorrunde in Salvador da Bahia, 7.8.2016)

Direkt im Anschluss durften dann auch wieder die deutschen Jungs ran und boten beste Unterhaltung. Vor 17.121 Zuschauern ging es hin und her, und als Südkorea in der 87. Minute das 3:2 schoss, waren die Chancen auf ein Weiterkommen irgendwo bei fünf Prozent. Aber irgendwas hat Serge Gnabry vor dem Turnier genommen, anders ist kaum zu erklären, wie er in Brasilien auftrumpfte. Also dann: Ab nach Belo Horizonte, "Endspiel" gegen Fidschi.

Deutschland - Fidschi 10:0 (Vorrunde in Belo Horizonte, 10.8.2010)

Estadio Mineirao in Belo Horizonte

Mineirao
Im Estadio Mineirao fertigte Deutschland bekanntlich 2014 Brasilien mit 7:1 ab, und so ganz überwunden hat der Brasilianer die Schmach wohl noch immer nicht. Die Sympathien unter den 16.521 Zuschauern waren jedenfalls klar verteilt, was freilich auch an der Underdog-Rolle der Amateure aus dem Südpazifik lag.

Die Vorgabe war aus deutscher Sicht klar: Tore müssen her. Und die kamen dann auch. 10:0, fünf Tore von Nils Petersen, alle Achtung. Der zweithöchste Sieg der deutschen Olympia-Geschichte seit dem 16:0 gegen Russland 1912, der sogar als höchster Länderspielsieg gezählt wird, weil damals noch A-Teams zugelassen waren.

Als kurz vor Schluss die Nachricht von Südkoreas Siegtreffer im Parallelspiel bekannte wurde, hieß es schnell handeln und schon für den nächsten Tag einen Flug nach Brasilia buchen. Hat geklappt, geht doch.

Deutschland - Portugal 4:0 (Viertelfinale in Brasilia, 13.8.2010)

Estadtio Mane Garrincha in Brasilia
Der Flug nach Brasilia wurde zur Qual, hatte doch ein Tussi tatsächlich ihr Paris-Hilton-Hündchen mit an Bord - und das Vieh junkte 90 Minuten am Stück. Und wenn ich sage "am Stück", meine ich am Stück. So viel Kopfschütteln auf engstem Raum gab es selten...

Brasilia ist eine ziemlich verrückte Stadt, wurde sie doch am Reißbrett entworfen und in den 1950er Jahren mal eben als neue Hauptstadt ins Nichts gesetzt. Für Architektur-Liebhaber gibt es somit eine ganze Menge zu sehen, und auch das Estadio Nacional Mane Garrincha ist einen Besuch absolut wert. Ein ganz schön dicker Betonklotz steht da mal eben als Solitär im Nichts. Schade nur, dass es keinen Verein gibt, der das teuerste WM-Stadion nutzt. 2015 fanden hier sage und schreibe zwei Fußballspiele statt...

2016 dagegen alleine durch Olympia zehn, das letzte davon heute. Mit Portugal hatte Deutschland seit dem 0:5 im Halbfinale der erwähnten U21-EM noch eine Rechnung offen, und diese wurde eindrucksvoll beglichen. Exakt eine Chance hatten die Portugiesen, gleich nach 50 Sekunden, danach wurden sie überrollt. Hut ab, die Medaille ist fast sicher, die Reise geht weiter. Next stop: Sao Paulo.

Deutschland - Nigeria 2:0 (Halbfinale in Sao Paulo, 17.8.2016)

Corinthians Arena

Sao Paulo als Moloch zu bezeichnen, ist noch untertrieben. Die größte Stadt der südlichen Erdhalbkugel ist einfach nur, nun ja, groß. Und nicht unbedingt schön. Ausnahmen bestätigen auch hier freilich die Regel, und eine dieser Ausnahmen nennt sich Corinthians Arena.

Corinthians Arena
Das erst kurz vor der WM auf den letzten Drücker eröffnete Stadion ist für einen Neubau erstaunlich "anders" geraten. Die Arena ist zu fast allen Seiten hin offen, was auch eine Folge eines Rückbaus nach der WM ist: Die Kapazität wurde von knapp 63.000 auf 48.000 reduziert. Eine weitere Besonderheit sind die Stehplätze hinter einem Tor, die heute sogar etwas überraschend benutzt wurden. Eigentlicher Hausherr sind, logisch, die Corinthians, der Klub mit dem vielleicht schönsten Vereinswappen der Welt also.

Zum heutigen Halbfinale kamen immerhin 35.562 Zuschauer, die Sympathien waren erneut klar verteilt - alle gegen Deutschland. Brachte aber nichts. Als sich der deutsche Sieg abzeichnete, sangen die Brasilianer angesichts des kommenden Traumfinals im Maracana dann auch: "O Alemanha, pode esperar, a sua hora vai chegar", also etwa "Deutschland, du kannst sicher sein, dein Stündlein hat geschlagen". Also dann: Ab nach Rio!

Deutschland - Schweden 2:1 (Fauen-Finale in Rio de Janeiro/Maracana, 19.8.2016)

Olympia-Finale im Maracana, Frauen
Rio! Endlich! Nach fast drei Wochen Rundreise durch Brasilien führte der Weg dann doch noch in die eigentliche Olympiastadt. Zunächst zum Abschlusstraining der DFB-Elf in "Zicos Fußballschule" - wo Zico höchstpersönlich anwesend war und für Fotos posierte - und am Abend zum Frauen-Finale im Maracana. Wenn man schon mal da ist...

Immerhin 52.432 Zuschauer sahen einen durchaus sporthistorischen Moment: Deutschland krönte sich erstmals zum Fußball-Olympiasieger. Wäre doch gelacht, wenn da die Männer nicht noch nachziehen...

Deutschland - Brasilien 4:5 i.E. (Finale in Rio de Janeiro/Maracana, 20.8.2016)

Olympia-Finale im Maracana, Männer
Also dann: Finale! Gegen Brasilien! Im Maracana! Was will man mehr? Jaja, es war "nur" Olympia. Dem Brasilianer war das aber herzlich egal. Denn erstens fehlt dem Land des Rekordweltmeisters der Olympiasieg noch immer, und zweitens galt es, die 1:7-Schmach zumindest ein wenig zu tilgen.

63.707 meist in Gelb gekleidete Menschen strömten dann auch ins Maracana, das seit meinem ersten Besuch vor stolzen elf Jahren sein Gesicht massiv verändert hat. Groß ist es noch immer, zweifellos, aber irgendetwas fehlt trotzdem. Die berühmte "Seele"? Vielleicht.

Das Spiel war nicht immer hochklassig, dafür aber wild, hektisch, spannend - einfach gut! Und erfreulicherweise hielt die DFB-Elf gegen Neymar und Co. gut mit, nur um im Elfmeterschießen dann doch zu verlieren. Der Lärm nach der Entscheidung durch Neymar war einfach nur bombastisch. Allein deswegen wird das Olympia-Turnier mir auf ewig in Erinnerungen bleiben.

Also dann: Fußball bei Olympia mag auch im Jahre 2016 ein wenig "anders" sein. Aber es kann verdammt viel Spaß machen. Muito obrigado.

Maracana Belo Horizonte Mineirao in Brasilia